zwischen den Zeilen

"Worte sind gewiß nicht alles, es gibt immer noch etwas zwischen den Worten, hinter den Worten
- aber all dies Unaussprechliche bekommt ja erst einen Sinn dadurch, daß die Worte da sind,
und durch die verschiedene Distanz, das verschiedene Verhältnis, das es eben zu den Worten hat."
(Arthur Schnitzler)

Bild
Wortfeld

Mittig -
ein Wortfeld
brachliegendes Gewächs
ungekämmt - fieberheiss

Zuckendes -
- eine Augenöffnung groß
spielt im Handraum Geist

Bewusstsein
dreht biegt bricht
das Eingeweide Wort -
- gekrümmte Laute
systemverzerrt
            zu neuer Frucht

© by Susanne Mette
zensiert und unsagbar

diese mühe
tagtäglich
zu entwischen
ins lesbare

alle buchstaben
herzeigen
jedes bild
vorholen
hinterrücks

besser
kann man sich nicht
verstecken

wort an wort flechten
in das papier
bis es weiß riecht
wie unschuld
und seife

unsagbares aber
verbergen
in den zwischenräumen
wo es feucht ist
vor atem
und haut

© by Bess Dreyer
Zwischenräume

Nach jeder
närrischen Zeit
schreibe ich
in stillen Straßen
all die Worte an Wände
die ich nicht
länger
brauchen kann
verbinde sorgsam
die Anfänge mit
den Enden
und lasse nur
ab und an
einen kleinen Spalt frei
vielleicht
dass ein Vogel
sein Nest baut
in den Bögen

© by Anna
das wort.

aus dem grund
des bildes
entnommen
aus den tiefen
von schwarz
und weiß geschält
vom windhauch
abgeschliffen
der satz
in atem
modelliert
aus bleichem
holzbrei
und dunklem klang
gestoßen
fort
echo
verebbt.

© by Nikolai Preuschoff
unverdient

diese geschenkten zeilen
worte die ohne vorspiel kommen
aufbrechen wie eine unbewusste wunde
aus fleisch und gedächtnis die schwankenden triebe
unverdient und verzehrend
und ich
wühl mich durch meine ausgebeutete sprache
mit schweiss und mit schwindel
noch ein paar worte zu fördern
zu stützen
diese geschenkten schwankenden zeilen

© by Wolfgang Ratz
worte

erinnerungen
auf unschuldigem weiss
wund geschrieben
der stift legt
bleischwer zeugnis ab

wo ohnmacht
wörtlich
abgestreift
in zeilen fließt
treibt
das mühlrad
ächzend an
was mich bewegt

© by NJKahlen
wortgeburt

zwischen meinen tasten
warten worte trauten
keiner seele wenn nicht
meiner

doch nun ritzen sie in
meine fingerspitzen
zu entkommen haben
witterung genommen
soll ich sie entlassen
prassen sie verschwenden
ganz versenden

was wird gären werden
sie gebären schreie
lieder rauhe laute

und wer traute dann noch
meiner seele wenn nicht
ich

© by morgana
Ein & Alles

Mein Gedicht ist bloß dies
letzte Zündholz entfacht um
den Fluß vom Eis zu befreien
der Sprung durch den Spiegel
im blinden Vertrauen auf
seine Unsichtbarkeit
eine Handvoll Luft gegen
den Wind geworfen für
die milden Lichter deiner Augen

wie lange schon sehe ich deine
Haarnadeln immerzu fallen in
die Tiefen magnetischer Wälder
mit abgerissenen Händen
grabe ich dort nach dem
einen hellen reinen Wort
dem Wort das deine Seele
berührt wie vor Jahr und Tag
wie vor allen Dingen

© by Bernd Straub-Molitor
kAlben

ich will uns
wOrte kalben
blutig & zuckend
im lauf
um die unter zungen
verBorgen gebliebenen
die beliebigen
zu schächten
& irgend
wie & über
haupt in den morgen
zu atmen
damit
wOrte wieder still.en
wie du
wenn du
dich auf meine schulter legst
mir rote strähnen
ins haar flichtst
& ich vergesse
zu vergessen


© by noel
Bild
Seitenwind

schon rau geworden
zaust er und entrindet
mir jeden Stamm
holt sich die Sommerworte
von den Blättern
und wendet unerbittlich
jeden losen Stein

was sich zerrissen findet
wächst in Teilen
als etwas Neues
in den Herbst hinein
was liegen bleibt vergeht
wird eingetreten
ins Gewesensein

nur eines will noch nicht
und bindet
sich in die letzten
Sommerdüfte ein

behutsam
lege ich es
zwischen meine Zeilen

© by Anna
manchmal

stehe ich neben mir
bin mir fremd
in meinem leben
fehlen wurzeln
und die zeit
steht schief
jenseits
der mitte
knüpfe ich worte
feinmaschig
übers kreuz
damit sie halten
im luftleeren raum

© by Marianne Rieter
zwischen den Zeilen

könnt ich doch nur
verweben die Worte
und damit bedecken
meine Blöße

wenigstens einmal
würdest du bemerken
dass auch etwas
zwischen den Zeilen
stehen kann

© by Martin Mooz
Paralysis

Und wenn du sprichst
sehe ich Dünen wachsen
und ich finde keine Worte

Und wenn du lachst
regnet es Blütenstaub
und ich finde keine Worte

Und wenn du singst
umarmt mich ein Feuer
und ich finde keine Worte

Und wenn du schweigst
höre ich Sterne fallen
und ich finde keine Worte

Und wenn du gehst
hallt dir mein Rufen
hinterher

© by Brit Krostewitz
Bild


Info zur Anthologie

Diese Gedichtsammlung begann im April 2004 und trägt im Laufe der Zeit lyrische Fundstücke aus dem Internet zusammen. Ein Ende bzw. Abschluss dieser Sammlung ist nicht geplant. Wenn Sie also weitere, hierher passende Gedichte haben, können Sie uns diese gerne zusenden. Eine Veröffentlichung kann jedoch nicht garantiert werden.

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